Rose-Anne

Rose-Anne ist Journalistin und Autorin. Sie wurde 1971 als Tochter haitianischer Einwanderer in New York City, USA, geboren und wuchs dort und in Maryland auf. Früh lernte sie mit unterschiedlichen Identitäten zu jonglieren: Zu Hause spricht die Familie Französisch und Kreolisch, man diskutiert über französische Literatur, draußen ist sie US-
Amerikanerin und spricht Englisch. Der Vater schärft ihr ein: »Du bist etwas Besonderes. Nur lass dir gesagt sein: Sie respektieren dich erst, wenn du alles zehnmal besser machst als sie.« Sie tanzt viel und träumt von einer Zukunft als Ballett-Tänzerin, aber für die Eltern steht fest: Unsere Tochter studiert. »Wer kennt hier eine sehr bekannte schwarze Ballerina? Ich bin Arzt und werde schlecht behandelt – wie soll es dann einem schwarzen Mädchen ohne Ausbildung ergehen?«, gibt der Vater zu bedenken. Rose-Anne entscheidet sich schließlich für ein Journalismus-Studium an der Columbia-University.

1998 führt ein Fulbright-Stipendium sie nach Deutschland, wo sie ihren zukünftigen Mann kennenlernt. Das Leben hier ist anfangs nicht leicht: Sie fällt auf, immer wieder starren Leute sie an oder fragen sie freundlich nach ihrem Leben im Busch – obwohl sie als Großstadtmensch nie in ihrem Leben im »Busch« war. Inzwischen lebt Rose-Anne seit dreizehn Jahren in Berlin. Sie sagt, dass Berlin sich sehr zum Vorteil verändert hat: »Jetzt finde ich Berlin eine tolle Stadt, sehr spannend, sehr international und es ist immer was los. Berlin ist nicht unbedingt meine Heimat, aber ich lebe gerne hier.«

Ihr Mann ist Deutscher und stammt aus einer anthroposophischen Familie. Sie haben drei Söhne, die auf eine deutsch-amerikanische Schule gehen. Das Leben in einer bikulturellen Familie empfindet Rose-Anne als bereichernd, aber manchmal auch ganz schön schwierig. »Wir haben sehr oft und sehr viel diskutiert: Das Kind kann Spielzeuge aus Holz haben, aber es darf auch manchmal kitschige Sachen aus New York haben. Es war ein Konflikt zwischen meiner haitianisch-amerikanischen Kultur und seiner anthroposophisch-deutschen Kultur.«

Familie ist für Rose-Anne alles. »Das gehört zur haitianischen Kultur. In Haiti trifft man Entscheidungen für die Familie: Was denken meine Eltern? Wie wirkt das in der großen Familie? Dagegen zählt hier eher das Individuum.«

Rose-Anne hat für verschiedene Zeitschriften über Integration und Bildung geschrieben. Über ihre Erfahrungen in Deutschland berichtet sie in ihrem Buch: »Buschgirl. Wie ich unter die Deutschen geriet.« Seit einiger Zeit ist sie bei einer Organisation tätig, die Journalisten in Ländern des Arabischen Frühlings ausbildet.

Gerade hat sie eine Yoga-Ausbildung begonnen. Sie würde gern Yoga in Flüchtlingsheimen unterrichten.